Wie bei der CES 2016 in Las Vegas zu beobachten war, werden wir von alternativen Bezahltechnologien überschwemmt, die alle auf Internettechnologien und inzwischen meist auf Smartphone-Apps beruhen. Dabei gibt es Alternativen, die sowohl bequem, als auch sicher und darüber hinaus anonym sind.

Elektronisch ist alles so einfach: kein Bargeld notwendig, das Telefon, die Bankkarte oder die Kreditkarte helfen weiter. Aber was passiert, wenn das Übertragungsnetz oder das Banksystem ausfällt? So geschehen am Vormittag des 2015-06-08 in Kopenhagen. Ich hatte nur sehr wenig Bargeld mitgenommen im Vertrauen darauf, dass in Dänemark das Bargeld auf dem Rückzug sei und Kreditkartenbezahlung kein Problem darstelle. Musste dann aber an besagtem Vormittag feststellen, dass ich ohne Bargeld weder einen Cappuccino bekam, noch den berühmten Glockenturm der Vor Frelsers Kirke (Erlöserkirche) besteigen konnte. Anscheinend war das für die Kartenlesegeräte notwendige Bezahlnetz über mehrere Stunden nicht verfügbar - sowohl in der Kirche als auch in der Kaffeebar wurde deshalb nur Bargeld akzeptiert.

Natürlich ist das nicht der Normalfall, die Ausfallzeit von Kommunikationssystemen oder auch von Rechenzentren lässt sich häufig auf wenige Minuten pro Jahr beschränken. Wir sollten also, entsprechende Verfügbarkeitsmaßnahmen in der Zukunft vorausgesetzt, von solchen unangenehmen Ausfällen weitestgehend verschont bleiben.

Aber ist es im allgemeinen Interesse, alle Bezahlvorgänge über Mechanismen wie Telefonabrechnungen, Kreditkarten, Bankkarten, Smartphones (NFC), Internet (Paypal, Facebook Messenger) durchzuführen? Gemeinsam sind allen genannten Mechanismen die Nachvollziehbarkeit der Transaktionen und die Zuordenbarkeit zu Einzelnen – fehlende Anonymität.

Und wie sicher sind elektronische Bezahlsysteme gegen Missbrauch durch Dritte? Wie wir fast täglich sehen und hören, werden selbst vertrauliche Informationen von Firmen an die Geheimdienste weitergegeben. Auch wenn es meist auf Basis von gesetzlichen Grundlagen geschieht, so ist doch zu fragen, ob wir für eine abstrakte, gefühlte Sicherheit unsere individuellen Freiheits(t)räume einschränken lassen wollen. Oder ob unsere Interessens- und Bezahlhistorie für andere Marktteilnehmer geöffnet werden sollte, um daraus auf uns zugeschneiderte Angebote zu erstellen. Oder, wie im schlimmsten Fall Kontodaten von dritter Seite für Bezahlvorgänge und Abhebungen genutzt werden können. Hier zeigt sich die fehlende digitale Souveränität über unsere Bezahldaten gleich mehrfach.

Was können wir dagegen tun? Einiges, hier sollen nur ein paar Beispiele genannt werden.

  1. Auf unserer letzten Japanreise haben wir uns ein ICOCA-Karte gekauft, die primär für Bezahlvorgänge für den öffentlichen Nahverkehr in und um Osaka genutzt werden kann. Die Karte ist anonym und kann vom Eigentümer mit Bargeld aufgeladen werden (oder auch über andere Bezahlmethoden). Danach buchen Lesegeräte die gezeigten Beträge vom Ticket ab. Korrekturen (z.B. aufgrund fehlerhafter Benutzung) sind an fast jedem Bahnhof möglich.
    Wir konnten aber feststellen, dass nicht nur Bahntickets damit bezahlt werden können, sondern auch Getränke an vielen der überall aufgestellten Getränkeautomaten oder dass manche Ladenbesitzer die Karte als Zahlungsmittel akzeptieren. Einfach, anonym und so sicher wie der Geldbeutel oder das Telefon – beide sind häufige Ziele von Dieben oder können verloren gehen.
  2. In Deutschland benutze ich gerne die Cash-Karte der Sparkassen zum Bezahlen von Fahrkarten. Damit erspare ich mir umständliche Kleingeldsuche (bei den Fahrpreisen kann man eigentlich nicht mehr von Kleingeld sprechen) und umgehe die Schwierigkeiten von Automaten, Scheine zu erkennen bzw. Wechselgeld bereitzustellen. Auch hier sind die Bezahlvorgänge anonym, die Karte habe ich als EC-Zahlungsmittel sowieso dabei.
    Leider hat die Cash-Karte keine große Akzeptanz gefunden – was vielleicht auch mit dem etwas lieblosen Umgang der Sparkassen selbst mit der Karte zu tun hat. So haben die Münchner Verkehrsbetriebe seit Anfang 2016 das Bezahlen mit Cash-Karte eingestellt.
  3. Und natürlich haben wir noch(?) Bargeld…

Referenz: (Jürgen Schmieder: „Vertrau mir“; in: Süddeutsche Zeitung, #9, 2016-01-13; Jürgen Schmieder: „CES - Eine Zukunft ohne Münzen und Scheine“; URL: http://www.sueddeutsche.de/digital/bezahlen-ohne-bargeld-vertrau-mir-1.2814453; ausgelesen am 2016-01-17, 12:37 UTC)